Textil-EPR in Europa: Chance für eine grünere Zukunft in der Mode
Die Textilindustrie ist einer der größten und einflussreichsten Wirtschaftszweige weltweit, aber auch einer der umweltschädlichsten. Die stetig steigende Produktion von Textilien bringt ökologische Probleme mit sich. Für eine nachhaltige Textilwirtschaft braucht es daher kreislauffähige Lösungen in der Herstellung und der Verwertung. Die Europäische Kommission stellt in ihrer EU-Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien Maßnahmen vor, um im Sinne der erweiterten Herstellerverantwortung (EPR), einen nachhaltigen Umgang mit Textilabfällen zu fördern.
Die EPR zielt allgemein darauf ab, die Verantwortung für den gesamten Lebenszyklus eines Produkts auf die Hersteller:innen und Produzent:innen zu übertragen. In Europa haben verschiedene Länder bereits Schritte unternommen, um EPR-Regelungen speziell für den Textilsektor zu implementieren und so die Nachhaltigkeit in der Modebranche zu fördern. Im folgenden Beitrag werfen wir einen Blick auf die Vorschläge der EU und die ersten Umsetzungen der Textil EPR in verschiedenen Ländern.
Hintergrund der Textil EPR
Die EPR ist ein politisches und ökologisches Konzept, das darauf abzielt, die Verantwortung für die gesamte Lebensdauer eines Produkts auf die Hersteller:innen zu übertragen. Sie fußt auf der Abfallrahmenrichtlinie (2008/98/EG), die die Grundlage für Abfallbewirtschaftung und Recycling innerhalb der EU bildet.
Im Sinne der EU-Abfallrahmenrichtlinie müssen alle Mitgliedsstaaten bis zum 01. Januar 2025 eine “getrennte Sammlung von Textilien und gefährlichen Abfällen”, die in Haushalten anfallen, einrichten. Das Ziel ist es dabei, die Umweltauswirkungen der Textilproduktion und -entsorgung zu minimieren. Durch die Einführung von EPR-Systemen für Textilien sollen Hersteller:innen motiviert werden, langlebigere und leichter recycelbare Produkte zu entwerfen. Ebenso sollen Hersteller:innen in die Pflicht genommen werden, die Kosten der Bewirtschaftung von Textilabfällen zu tragen, um das Recycling dieser anzukurbeln.
Diese Änderungen stehen im Einklang mit den Zielen des europäischen Grünen Deals, eine nachhaltige und kreislauforientierte Wirtschaft zu fördern. Textilien sind dabei ein großer Treiber. Daher ist in den Zielen der EU-Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien, die die aktuelle Richtlinie erweitern soll, verankert, dass bis 2030 Textilerzeugnisse zu großen Teilen aus Recyclingfasern bestehen sollen und keine gefährlichen Stoffe enthalten dürfen. Grundlage hierzu ist der Ausbau des Faser-zu-Faser-Recyclings.
Weitere Vorschläge sind u.a.:
- Einführung verbindlicher Ökodesign-Anforderungen
- Verbot zur Vernichtung unverkaufter oder retournierter Artikel
- Einführung eines digitalen Produktpasses
Aktuell befindet sich die Textilstrategie noch als Änderungsentwurf zur Abfallrahmenrichtlinie im Gesetzgebungsverfahren.
EPR im Textilsektor: Status Quo in Europa
Die ersten EU-Länder haben bereits Maßnahmen und Regelungen bezüglich des Umgangs mit Textilabfällen eingeführt. Andere Länder befinden sich in einer Planungs- oder Einführungsphase. Eine flächendeckende Lösung zur Textil EPR in Europa gibt es allerdings noch nicht.
Frankreich als Vorreiter
Frankreich nimmt eine Vorreiterrolle ein und hat bereits 2008 als erstes europäisches Land ein EPR-System für Textilien eingeführt. Dieses System verlangt von den Hersteller:innen, Importeur:innen und Vertreiber:innen von Textilien und Schuhen, für die Sammlung und das Recycling ihrer Produkte am Ende der Lebensdauer zu sorgen. Die französische Organisation Refashion (früher Eco TLC) koordiniert die Sammlung und Verwertung der Alttextilien und stellt sicher, dass diese Materialien einer Wiederverwendung oder dem Recycling zugeführt werden.
Textil EPR in den Niederlanden
Die Niederlande haben seit dem 01. Juli 2023 ebenfalls mit dem UPV-Textilgesetz eine durch das Ministerium für Infrastruktur und Wasserwirtschaft erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) für Textilien eingeführt. Auch hier sind seitdem die Hersteller:innen und Händler:innen (auch aus dem Ausland) für das Recycling ihrer Textilien verantwortlich. Dazu stehen sie unter einer Registrierungspflicht und zahlen eine EPR-Gebühr.
Einführung der Textil EPR in Lettland
Lettland führt zum 01. Juli 2024 ebenfalls EPR-Pflichten für Textilen ein. Die Gesetzesänderung wurde am 16. März 2023 verabschiedet. Hersteller:innen sind ab Juli 2024 verpflichtet, die Kosten für die Sammlung, Verarbeitung und das Recycling ihrer Textilabfälle zu tragen. Dazu müssen sie ihre Mengen melden und die Gebühren an ein EPR-System zahlen. Das in Lettland bestehende Verpackungssystem LZP soll ebenfalls auf Textilerzeugnisse ausgedehnt werden.
Textil EPR Pflichten in Ungarn
In Ungarn ist die Lizenzierung seit Juli 2023 mit einer EPR-Gebühr und Mengenmeldung verpflichtend. Dabei ist die Zusammenarbeit mit PRO möglich, aber für Händler:innen freiwillig. Gemeldet werden müssen Textilien in Kleidung, Haushaltstextilien und Schuhen. Versendet man aus dem Ausland nach Ungarn, benötigt man einen Bevollmächtigten zur Erfüllung der EPR-Pflichten.
Auswirkungen auf Industrie und Konsument:innen
Die Implementierung von EPR-Systemen in der Textilindustrie ist ein entscheidender Schritt in Richtung einer nachhaltigeren und ressourcenschonenderen Wirtschaft. Denn Textilien sind allgegenwärtig. Egal, ob in unserer Kleidung, in Möbel oder Heimtextilien, in Fahrzeugen oder als medizinische Ausrüstung: sie begleiten uns auf Schritt und Tritt. Dabei hinterlässt ihre Produktion und Entsorgung allerdings schwerwiegende Folgen für Klima, Umwelt und Menschen. Fast Fashion ist hierbei ein großer Treiber. Durch die Übernahme der Verantwortung für die gesamte Lebensdauer ihrer Produkte können Hersteller:innen einen bedeutenden Beitrag zur Reduzierung von Textilabfällen und zur Förderung einer Kreislaufwirtschaft leisten.
Herausfordernd bei der Erschließung passender EPR-Systeme ist allerdings die Koordination zwischen unterschiedlichen Akteur:innen, die Schaffung effizienter Sammel- und Recyclingsysteme sowie die Sicherstellung der Finanzierung. Zudem gibt es noch große Unterschiede in der nationalen Gesetzgebung und den Marktbedingungen, die eine einheitliche europäische Lösung für Händler:innen erschweren.
Auf Konsumentenseite könnte durch nachhaltige Kreisläufe die Fast Fashion an Bedeutung verlieren. Mit Transparenzpflichten erhalten Konsument:innen zudem besseren Zugang zu Informationen über die Herkunft, Herstellung und Entsorgung ihrer Textilien. Während möglicherweise leicht erhöhte Preise für Textilprodukte eine unmittelbare Folge sein können, bieten sich gleichzeitig zahlreiche Vorteile durch bewusstere Kaufentscheidungen, bessere Rückgabemöglichkeiten und ein erhöhtes Umweltbewusstsein. Insgesamt fördern die Veränderungen eine nachhaltigere Konsumkultur und unterstützen den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft im Textilsektor.
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Irland nutzt das Modell der erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) zur Bewältigung verschiedener Abfallströme und hat dafür sechs Programme im Sinne der EPR eingeführt. Das bedeutet, dass die Hersteller:innen die Kosten für die Sammlung und umweltgerechte Entsorgung ihrer Produkte übernehmen. Für jedes der sechs Programme gibt es spezifische Zielvorgaben. Unternehmen, die in Irland tätig sind oder planen, auf den irischen Markt zu expandieren, stehen in der Pflicht, die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen und damit einen Beitrag zur nachhaltigen Abfallbewirtschaftung in Irland zu leisten.
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